DAS GEHEIMNIS DER RUSSISCHEN SPORTGENE
2. FOLGE – TOPKI

Wiederentdeckt und begehrt: Russen-Trakehner und ihr kostbares Erbgut - Eine Analyse der Züchter-Stammtisch-Post.

Die Russen kommen. Langsam und gewaltig. Ein Phänomen wirbelt die internationale Zuchtszene durcheinander, seit Vererber aus Russland für überragende Leistungen in Dressur und Springen stehen. Biotop, Prints, Waitaki, Perechlest oder Rusty – die Russen-Trakehner haben eines gemeinsam: Ausstrahlung und Leistungsbereitschaft. Die Pedigrees lüften das Geheimnis um die Gene dieser bedeutenden Hengste aus Kirow: Hockey, Topki, Blesk oder Pepel. Das zweite Phänomen. Diese Gene haben sich in Sport und Zucht durchgesetzt, ohne dass es für sie irgendein Marketing oder eine Werbekampagne gegeben hätte. Der Run auf das kostbare Kirow-Blut ist in vollem Gange. Die Züchter-Stammtisch-Post stellt die Ausnahme-Hengste aus Russland vor. In der zweiten Folge: Pepel.

Triumph in Aachen

Aachen 1979: Den imposanten Rapphengst, der eines der schwersten Springen der Welt, den Großen Preis von Nordrhein-Westfalen, nach zwei Umläufen und Stechen gegen die versammelte Weltklasse gewinnt, hatte bis dahin niemand gekannt. Der Bilderbuch-Hengst hieß Topki und war ein Russen-Trakehner mit den besten Sportgenen. „Das muss man sich mal vorstellen", so Karl Wilhehn, ehemaliger Gestütsleiter im sächsischen Stockhausen und gemeinsam mit Hans Ernst Wezel Autor des Trakehner Stutbuches mit den Kirow-Bänden III und IV, „dass ein Pferd aus dem Stand so eine Springkonkurrenz gewinnt. Und das mit einem ziemlich unerfahrenen russischen Reiter. Was wäre wohl gewesen, wenn der von einem der Klasse Ludger Beerbaums geritten worden wäre ... „

Thisted: „Ein echter Sportler"

Was wäre wohl gewesen ... , wenn sich der Hengst viel früher und nicht erst in den 90er Jahren in der deutschen Trakehner Zucht vererbt hätte? Nicht erst in seinem letzten Lebensjahr 1996, das er bei Palle Thisted in Dänemark verbracht hat. Der Horseman aus der Nähe von Aarhus hatte sich die drei Stars aus dem russischen Staatsgestüt Kirow, gesichert: Hockey, den Vater von Prints, Blesk den Vater von Biotop, und Topki. „Er war ein echter Sportler", sagt Palle Thisted. „Immer aufmerksam und aktiv – und vor allem rittig wie Hockey." 24 Jahre ist Topki alt geworden. „Er ist hier beerdigt", sagt Thisted.

Während sich die Rheinische Zucht über das Gestüt Windberg in Viersen noch restliche TG-Portionen von Hockey gesichert hat, gibt es von Topki kaum noch Spermien. Aber seine Nachkommen demonstrieren ihre Dressur- und Springkünste in den Ländern des ehemaligen Ostblocks. Mit Topki ist es ähnlich wie mit Hockey: Er hat sich sowohl als Spring – als auch als Dressurvererber erwiesen. Die Nachzucht hat sich in beiden Bereichen sportlich auf höchster Stufe bewährt.

Das Pilger/Pomeranets-Blut

Palle Thisted, der sich intensiv mit den Genen der Russen-Trakehner auseinander gesetzt hat, spricht von „Weltblut", wenn er die Pedigrees von Topki und Hockey analysiert. Gemeinsam haben beide die wertvollen Gene von Pilger und Pomeranets. Topki hat Ostrjak zum Vater, einen Ossian-Sohn (dessen Gene auch im internationalen Springstar Waitaki vertreten sind), der von Pilger abstammt. Dahinter kommt das klassische Trakehner Blut von Dampfross, Luftgott, Tempelhüter oder Hyperion. 

Tropa, die Mutter von Topki, ist eine Tochter des Vollblut-Arabers Pomeranets, Vater von Hockey. Dessen Vater, Priboj, ist einst von Tersk gekommen und hat die Kirow-Zucht um neue, wichtige Gene bereichert. „Dieses Blut aus Tersk", urteilt Gottfried Hoogen, Ehrenvorsitzender des Trakehner Verbandes, „hat Leistungsbereitschaft und Gesundheit der Zucht von Kirow gefestigt. In Tersk sind die Vollblut-Araber durch eine harte Schule gegangen."

Und wieder Mammona

Wie bei Hockey spielt damit auch die Mutter von Pomeranets, Mammona, eine bedeutende Rolle. Die Stute hatte vor ihrem Zuchteinsatz einen Fußmarsch über 1800 Kilometer vom berühmten polnischen Arabergestüt Janow Podlawski bis nach Tersk hinter sich gebracht, als die Russen 1939 das Gestüt okkupierten, ehe die Deutschen kamen.

Olympia-Gold gab‘s auch

„Er war mit einem Stockmaß von 1,68 Metern und einer Röhre von 22 Zentimetern auch optisch imponierend", so Kar! Wilhelm gegenüber der Züchter-Stammtisch-Post. Im Jahre 1977, damals fünf Jahre alt, hatte Topki zum ersten Mal gedeckt. In den Jahren 1978 bis 1980 war er im Sport, fast immer vorn in 31 internationalen Springprüfungen in Russland, Deutschland und Frankreich. 1980 gewann er mit der russischen Mannschaft die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Moskau. Dann wechselte Topki ganz in den Deckeinsatz.

Übrigens: Bei seinem Triumph in Aachen war der Hengst erst sieben Jahre alt und damit im Eintrittsalter für die S-Klasse. Dass er als Jüngling ohne Erfahrung für schwere Springen in Aachen den NRW-Preis holte, zeigt seine einsame Klasse.

Zitat

Zitieren wir aus dem von Wezel und Wilhelm bearbeiteten Trakehner Stutbuch:

„Gezogen im Staatsgestüt Kirow. Einer der bedeutensten Hauptbeschaäler der Nachkriegszeit. Seine Sporterfolge sind überragend. Sein Pedigree ist nahezu traumhaft.“

Wo ist Sektor?

Er wurde im Jahre 1998 auf dem Trakehner Hengstmarkt in Neumünster gekört: Schenkendorf, ein Topki-Sohn aus einer Königspark xx-Mutter mit Megnet und Pregel im Hintergrund. Der überragende Springer dieses Jahrgangs, gezüchtet von Hans Ernst Wezel aus dem bayerischen Burgkirchen, wurde für 50.000,- Mark versteigert. Er ist in der Trakehner Zucht bisher der einzige gekörte Topki-Sohn.

Das ist eine der großen Fragen, die auf der Suche nach den Topki-Nachkommen und bei Redaktionsschluss für diese Ausgabe der Züchter-Stammtisch-Post aufgekommen ist. Der im Jahre 1986 geborene Topki-Sohn, der in Russland und Deutschland internationale Springen gewonnen hat, war zu Beginn der 90er Jahre nach Deutschland gekommen. Ins bayerische Buchloe, wohin Alexander Moksel neben dem großen Hockey-Sohn Prints eine Reihe weiterer Russen Trakehner importiert hatte. Sektor bewährte sich unter Ralf Schneider im großen Sport. „Wenn Sektor noch in Deutschland sein sollte", so Karl Wilhelm, Experte für die russische Trakehnerzucht, „dann wäre das sehr interessant. Seine Gene haben Seltenheitswert."

Und das sind Topkis weitere Nachkommen, die sich im Sport (Dressur und Springen) bewährt haben:

Vektor 47 – Champion der Lettischen SSR, Sieg bei der Meisterschaft in Riga 1982.
Wetrok – Moskauer Dressur-Champion 1983 und Russlands Dressur-Champion 1984.
Vektor 39 – Ukraine-Springchampion 1986, UdSSR-Champion 1987. Erfolgreich auf internationalen Turnieren.
Poltinnik – Russlands Dressur-Champion 1988, UdSSR-Champion 1989.
Plot – Dressur-Champion der Krasnodar-Region 1989.
Chutor – Springsieger bei den lettischen Meisterschaften. Sieger auf internationalen Turnieren 1988/89.
Omlet – Ukrainischer Spring-Champion, Spartakiade-Sieger.
Ritm – Ukrainischer Dressur-Champion, russischer Dressur-Meister.
Weter – Moskauer Spring-Champion, Sieger auf internationalen Turnieren.
Chrust – Dressur-Champion der Moldawqn Republik, UdSSR-Meister 1990.
Etil – Spring-Champion der Ukraine, erfolgreich auf internationalen Turnieren.
Optik – Belorussischer Dressur-Champion 1991.
Ritual – Moskauer Spring-Champion, Sieger auf internationalen Turnieren 1985.
Hiton – Ukraine-Spring-Champion 1989.
Otsew – Ukraine-Spring-Champion 1990.
Etap – Russland-Spring-Champion 1991.
Rotor – Ukraine-Dressur-Champion 1992.
Volt – Georgiens Spring-Champion 1992.
Ostrog – Russlands Mannschaftssieger im Springen 1992.
Saton – Spring-Sieger bei der Meisterschaft im Gebiet Rostow 1992.
Otrok – Moskauer Spring-Champion 1992.
Pest – Russlands Spring-Champion 1992.